1.11. Flug mit Austrian Airlines nach Erbil, Fahrt nach Dohuk. Abends Treffen mit Shms
Fahrt ins neu wieder geöffnete Camp Gawilan für die inzwischen 11 000 Flüchtlinge.
Besuch beim Camp Manager, Verteilung der Hilfsgüter in Zusammenarbeit mit SOSD Die Verteilung von über 500 Päckchen braucht bis nach Sonnenuntergang, wir dürfen an alle neuen Zelte (1 Päckchen pro Familie). Unser Sponsor hierfür ist der Hilfsfond „Humanitas“ der Neuapostolischen Kirche in der Schweiz.
Zurück in Sharya, werde ich vom UNICEF Officer Nichirvan eingeladen. Wir sprechen über die Situation und die Verteilungssysteme in diesem grossen Stil. Und über kleinere Betrügereien.
Den ganzen Tag sitzen wir im Büro von SOSD, essen und warten und es kommt keine Erlaubnis, an die Grenze nach Soheila zu unserem gemeinsamen Zelt zu gehen. Etwas komisch. Irgendwann erwirkt Minyar eine Erlaubnis und innerhalb von 2 Stunden sind wir am ersten Grenzposten in Walid, der von syrischen Kräften geschlossen wurde (PKK, Kurdenpartei Öcalans) und 1 Stunde später (es ist bereits dunkel) nach Soheila, wo eigentlich nur während der Nacht die Flüchtlinge ankommen und im grossen Zelt schlafen, bevor sie am nächsten Tag mit dem Bus nach Gawilan gefahren werden.
Am Morgen fahre ich mit Vian von LOTUS FLOWER nach Bardarash, um im Camp eine weitere Verteilung mitzumachen, die quasi von ZAROK und Pfarramt der Kirchgemeinde Neumünster, Zürich finanziert worden war.
Bis zum Mittag verteilen wir Kleider im Wert von über 5000 Dollar, sehr persönlich von Zelt zu Zelt (andere Organisationen haben nur Tische, dann müssen die Väter vorbeikommen (und haben oft keine Ahnung von der Kleidergrösse der Kinder – Frauen dürfen nicht alleine zum Tisch am fremden Ort).
Mittags fahre ich nach Erbil und fliege am frühen Abend zurück nach Zürich.
An dieser Stelle herzlichsten Dank an Alle die so kurzfristig die Not der Vertriebenen mit ihrer Spende unterstützt haben!
PS: Inzwischen sind zwei Wochen vergangen und die neue Flüchtlingszahl hat die Marke von 18’000 Flüchtlingen überschritten. Der Winter steht in Kurdistan vor der Türe und es braucht Unterstützung auch in der Winterzeit...
Um den 20. Januar werde ich erneut hinreisen, hoffentlich mit viel Unterstützung - finanziell und ideell. DANKE!
13. 10. Flug nach Istanbul und Weiteflug nach Erbil
Ankunft morgens in Erbil und Fahrt nach Dohuk. Besuch bei der Hilfsorganisation PNAGA in der Ortschaft Sharya und Übergabe unseres Beitrages für das nächste Trauma- und Besuchsprojekt. Abends Treffen mit Shms, einem unserer Stellvertreter – wenn wir selbst niemanden vor Ort haben - und mit Sigrid und Susi vom deutschen Hilfswerk ZAROK, mit dem wir seit einiger Zeit eng zusammenarbeiten. So teilen wir uns jeweils die Kosten für das sogenannte Traumaprojekt, in dem PsychologInnen in unserem Auftrag Kinder, Jugendliche und mittlerweile auch Erwachsene durch Spiel- und Gesprächstherapie dazu befähigen, über ihre traumatischen Erfahrungen zu reden und diese damit verarbeiten zu können.
“Teambuilding day“ mit Mitarbeitenden, Freiwilligen und PsychologInnen von PNAGA. Das bedeutet: Zum Dank für die gute Zusammenarbeit und zur Festigung der gegenseitigen Beziehungen gibt es diese Einladung zum Mittagessen und zum Ausflug nach Zawita, Dohuk Dam und zum Schluss in den Vergnügungspark „Dream City“. Es war ein eidrücklicher Tag für alle.
Am Abend Fahrt nach Fayda und Domiz, Anprobe der provisorischen PET Prothesen für die zwei jungen - von Khaima unterstützen - syrischen Kriegsveteranen.
Fahrt an die Grenze zu Syrien mit Susie und Sigrid von ZAROK und Minyar, einem freiwilligen Helfer, nach Pesh Habour. Gespräch über die aktuelle Situation der Flüchtlingsströme mit General Jiya und Colonel Sherwan. Nachmittags Fahrt nach Sharya, Verteilung und Unterricht im Trauma Projekt über Abfall (Verteilung von wieder verwendbaren Einkaufstaschen durch ZAROK) und Verteilung von Pulswärmern, die wir noch aus Pfungen mitgenommen haben.
Abends Besuch im Dorf Bakhitme bei Pfarrer Qasha Gewargis. Besuch des Bäckereiprojektes (Bau eine Bäckerei, die für 7-10 Christen Arbeit schafft), Gottesdienstes und Überreichung von 3500 Franken.
Fahrt mit Vian, der Leiterin des Hilfswerks LOTUS FLOWER nach Fayda zum „Women Empowerment Center“, das hervorragend läuft, günstig und mehrfach pro Tag genutzt wird. Dort läuft 2017 unser gemeinsames Projekt für junge Frauen, die in der Handhabung vom Computer ausgebildet werden und sich somit Kompetenzen aneignen können, um die Rückkehr in den Berufsalltag zu starten. Nun wollen die Frauen Selbstverteidigung (Frauenboxen) lernen und brauchen dazu einen Container. Während wir ins Dorf Qadya gehen und das Backprojekt der Jesidinnen mit ZAROK Unterstützung anschauen, das wir von Khaima hin und wieder finanziell unterstützen, gelingt es Minyar), den ZAROK Container von Khorsebat (liegt schon im von Bagdad kontrollierten Gebiet) nach Fayda für die Frauen zu holen. Nach der Rückfahrt können wir die Installation des Containers noch miterleben. Darin werden bald Selbstverteidigungskurse angeboten – finanziert durch ZAROK…
Am Abend sind wir noch bei Professor „Pir“ Mamo in seinem Garten eingeladen und hören, dass die beiden Psychologinnen Prshang und Sndis (welche für khaima im Jugendgefängnis arbeiten), die in „seiner“ Universität von Dohuk studieren, bald ihr Examen haben und bisher sehr gut waren. (Sie haben inzwischen mit Bravour bestanden).
Wir fahren mit Susie und Sigrid von ZAROK nach Erbil und bleiben zu Gast bei Familie Bonjaq, die das Ahmad Bonjaq Center for human rights leiten undBeginn an unsere Partner waren, sprechen über die aktuelle Lage aus Sicht von Qamishlo – Geflüchteten.
Am Abend bin ich auf einer assyrischen Hochzeit eingeladen bei einem ehemaligen Arbeitskollegen von CAPNI.
Am Samstag Mittag gehen wir ins Jugendgefängnis von Dohuk und ich spreche mit den Jugendlichen über „(un)gewollte Erinnerungen“. Das soll ihnen helfen, mit den oft traumatischen Erlebnissen fertig zu werden, resp. sich diesen in geeigneter Weise zu stellen und im den beiden Psychologinnen zu verarbeiten. So haben Prshang und ich im Anschuss daran haben noch ein Gespräch mit einem Jugendlichen, der dringend etwas loswerden muss. Ich bin angenehm überrascht, wie viel Vertrauen er in Prshang hat und wie einfühlsam und praktisch sie Ratschläge gibt.
Am Abend verpacke ich zusammen mit der Hilfsorganisation SOSD – einem Projektpartner -, über 300 Säckchen mit Hygieneartikeln für die neuangekommenen Flüchtlinge im Bardarash Camp und für ein Empfangszelt in Soheila, das an der Grenze zu Syrien liegt und zur Zeit von einem Strom von vertriebenen Familien regelrecht überschwemmt wird. Stand 3.12.2019: 17500 Flüchtlinge seit der türkischen Offensive.
Fahrt nach Bardarash und am Nachmittag Verteilung der Hygiene Beutel von KHAIMA und SOSD an Familien mit Kindern – dies in Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden von UNICEF, die selbst überfordert sind mit so vielen neuen Flüchtlingen.
Am Abend reift angesichts der humanitären Notlage der Entschluss, möglichst bald - sofern genügend Spenden zusammen kommen -, weitere Hygieneartikel an der Grenze als Willkommensgeschenk am Grenzübertritt in Soheila zu verteilen und zwar in einem gemeinsamen Zelt von Khaima und SOSD.
Flug nach Istanbul. Treffen mit unserem ehemaligen Studenten Hassan und seinem Bruder Ahaad, den khaima aktuell im Studium unterstützt. Abend Rundgang durch die Universität und Einladung in ihre gemeinsame Wohnung (mit einem weiteren Kommilitonen). Er wird sich nächstes Jahr wieder eine neue Aufenthaltsbewilligung kaufen müssen, damit er weiter studieren kann.
Er versucht nun in den Ferien gratis zu arbeiten, um sich bei den Firmen zu empfehlen, um nächsten Herbst dann nach der ersten Prüfung bezahlte Arbeiten zu erhalten für sein zweites Jahr. Hassan hat dies geschafft, er arbeitet im IT Bereich halbtags und geht gegen Abend an die Universität zum Aufbaustudium.
7-stündige Busfahrt nach Karabuek (Nähe Ankara) zum Besuch von Ali Hussein, einem unserer Stellvertreter.
Er ist schon gut integriert, kennt viele Leute, kämpft aber mit Bewilligung und der Kontoeröffnung. Er wird wohl erst im März zurückkommen können in die Semesterferien. Aber er steht mit seinem resp. meinem Stellvertreter Shms in gute Kontakt. Er vermisst seine Familie schrecklich, sieht aber, dass es für die Zukunft aller besser so ist, wenn er das Englisch-Studium kombiniert mit Trauma- und Psychologiestudium durchzieht. Er teilt sich mit einem Studenten das Apartment. Daher fahre ich mit dem Nachtbus zurück.
23. Morgens komme ich in Istanbul an, um am Nachmittag nach Zürich zu fliegen.
Backen als Therapie - oder wie ein kleines Café Lebensfreude, Selbstbewusstsein und Gemeinschaft ermöglicht - im Flüchtlingscamp...BLOG
Andreas Goerlich, Projektleiter vor Ort, begleitete Ende Juli / Anfang August bei seinem Kurzbesuch verschiedene aktuelle Projekte.
Lesen Sie dazu den neusten Artikel im BLOG
Andreas Goerlich, Projektleiter vor Ort, begleitete im März verschiedene Projekte:
Pfarrer Andreas Goerlich war Ende August für eine Woche im Nordirak (sein letzter Reisebericht) und weilt zur Zeit erneut für einen Monat im Nordirak (hier erste Eindrücke), um die aktuellen Projekte zu begleiten und allfällige neue, dringend nötige „einzufädeln“.
khaima verfolgt verschiedene Richtungen:
Am 3. Oktober kam ich gegen 20 Uhr hier an. Um 21 Uhr traf ich mich mit Ahaad und Hassan Alkdher. Ich lud sie zum ersten Essen ein.
Am Samstag sassen wir den ganzen Morgen zusammen und werteten aus und besprachen das Künftige. Am Nachmittag ging ich mit Ahaad (er zum allerersten Mal) in die Hagia Sophia und in die Justiniansthermen, was für ihn als Ingenieur sehr wertvoll war, da die Statik und Bauweise aus dem 7. Jahrhundert schon recht ausgereift war. Die Hagia Sophia erweckte seine Sympathie, da Islam und Christentum dort noch immer gemeinsam auftreten (auch wenn Erdogan Anderes vorhat mit der Kirchenmoschee).
Hassans Situation
Hassan betonte mehrfach, dass er ohne KHAIMA nicht dort wäre, wo er jetzt ist: An der BAU, hervorragende Universität in Istanbul, die er mit seinem 60% Job bei MARK (IT). Es ist sehr schwer, weil mit 25% Inflation alles etwa doppelt so teuer wurde (Eier kommen zum Beispiel aus den USA und haben Steuern drauf…).
Er schläft mit einem Studienkollegen in einem Zimmer für 1000 Lira im Monat, er verdient 2200, hat aber keinen Arbeitsvertrag, weil syrische Flüchtlinge OFFIZIELL vor dem Gesetz nicht arbeiten dürfen . Eine billige Art, gute Fachkräfte zu haben in der Türkei. Und wenn das Geschäft nicht läuft, setzt man ihn morgen an die frische Luft. Aber er ist hoffnungsvoll. Ich skypte mit seinem kleinen Bruder SAAD, der den Ehrgeiz der Brüder und KHAIMA in Qamishlo (Syrien) absolut bewundert und mit fast 10 Jahren sich selbst ein hervorragendes Englisch beigebracht hat. Khaimas Hilfe zieht Kreise…
Ahaads Situation
Ahaad kommt mit unserem Geld einigermassen durch, wenn nichts Besonderes ansteht. Er kaufte gestern Bücher, doppelt so teuer wie bisher, auch die Hefte und Stifte und das Computerprogramm, das er fürs Zeichnen braucht (3D), muss er selbst zahlen.
Das Dormitorium, das er sich in Kahrmanmarrash mit 3 anderen Studierenden teilt, ist 30% teurer, die Mensa und die Studiengebühren sind etwa ebenso gestiegen (ein Viertel). Er erhält zwar von uns Euro, aber die Banken müssen „Valutasteuern“ abziehen, da die Regierung wenig Fremdwährungen selbst hat. Transport (habe ich selbst jetzt in Istanbul gesehen), steigt je nachdem (Bus oder Metro oder Strassenbahn) um 60 bis 100 Prozent.
Ahaad plant, im August 2019 sein Studium zu beenden. Seine Ergebnisse sind im Schnitt 88 (von 100), also im Bereich gut bis sehr gut. Er hat die Zulassung zum Examen (was auch wieder etwas kostet).
Er hat drei Fächer (Chemie, Physik, Technik), die VIEL von ihm abverlangen. In den Schulfächern ist er Einiges besser.
Sein Englisch ist erfreulich besser geworden, gestern haben wir viel und nur auf Englisch gesprochen.
Neben all den Verpflichtungen geniesst er Fussball und manchmal Tennis am Campus, damit er auch sportlich fit bleibt. Und macht mit Freunden manchmal Komödien und Witze, die sie auf youtube aufnehmen.
Zur Situation zu Hause:
In Qamishlo hat die PWD den Religionsunterricht abgeschafft und durch Partei Ideologie ersetzt. Für das teilchristliche Qamishlo ist das ein Desaster, weil viele Schulen christlich geführt werden und von Europa Unterstützung erhalten. Da wird es zum offenen Streit bis zur Schulbesuchsverweigerung kommen.
IDLIB sei im Augenblick ruhig, alle sagen aber, sobald sich der beruhigte „Weltblick“ von Idlib entfernt, werden Russen und Assad zuschlagen. Alle geben Idlib bereits für „verloren“.
Sobald die Sicherheit gewährt sei, wolle er versuchen, in Syrien zu arbeiten, aber das ginge wohl noch zwei Jahre – meint Ahaad.
Vielleicht hängt er sonst auch noch ein Masters Studium an wie sein Bruder…
6. Oktober
Sharya und Sina
Ankunft morgens um 6 Uhr in Dohuk, etwas schlafen, danach Fahrt Richtung Sharya und Sina (kleines Bergdorf oberhalb Sharya). Pnanga Center hat hier mit Zarok ein „Popup school“ Projekt. Die Schule ist ziemlich zerstört, keine Fenster, die Lehrpersonen kommen nicht und auch die Regierung ermöglicht keinen Schulbetrieb.
So kommen Lehrpersonen von Pnanga (Zirak) hierher und machen am Vorabend bis zum Eindunkeln Schulprogramm (Sport, Singen, Tanzen, Lesen, Rechnen in den kaputten Schulzimmern). 50 Kinder kommen, wie es bei Regen oder in der kälteren Jahreszeit sein wird – noch unausgereift…
Treffen mit Ali (mein Stellvertreter hier vor Ort)
Er würde sehr gerne sich bewerben für ein Studium in Istanbul, aber gerne bereits im April 2019.
Ich erkläre ihm einen Fall eines jesidischen Studenten, der nach Frankfurt zum Master in Architektur gehen kann. Er braucht dringend eine billige Unterkunft, die ich ihm quasi aussuchte (Hilfe bei einer alten Dame im Garten und beim Einkaufen – im Gegenzug eine Mietreduktion). Ali ruft die Kontaktadresse per Viber an (Jeside in Wiesbaden) und stellt den Kontakt zu Rami, dem Studenten, her. Gleich zweimal ein Vorteil: Ali kann kurdisch und arabisch, er ist auch Jeside, das öffnet Türen).
Greg und Chris
7. Oktober
Beinprothese
Basle (Peshmerga, der eine Schweizer Prothese hat) sendet mir ein Bild seines entzündeten Strumpfs. Ich leite es weiter an die Zürcher Orthopäden und frage nach möglichen Erklärungen (sie sehen es oft anhand der Entzündung). Fünf Tage später schicken sie mir ausführliche Informatione und Anleitungen. Basle hat total die Pflege und Wäsche des Stumpfs, der Strümpfe und der Prothese vergessen. Nach dem Motto „gute Schweizer Qualität – muss man nichts machen“ tat er gar nichts und wartet auf die Lösung von uns.
Friedensnobelpreis
Nadia Murad erhält den weiblichen Friedensnobelpreis, was sehr umstritten bei den Jesiden ist: Sie hatte einen „ghostwriter“, der ihr den Weg in Europa und den USA mit Artikeln ebnete und alle Medien auf sie aufmerksam machte. Bei den Jesiden ist sie umstritten und keine „Autorität“, da sie nur einen Monat in Gefangenschaft war, nicht „so furchtbar litt“ und seitdem nach Deutschland entschwand. So ist das Eis dünn, auf dem sie sich bewegt als jesidische UNO Botschafterin. Ali zum Beispiel findet es eine „Schande, dass sie uns vertreten soll, sie hat keine Ahnung“.
Chris & Greg
Kurzbesuch bei Chris und Greg Calison (American presbyterian church Iraq). Sie sind frisch umgezogen und sitzen auf Kisten. So werden wir erst in zwei Wochen über mögliche Projekte sprechen… Nächsten Sonntag werde ich ihnen helfen im Haus.
Andreas Goerlich in "seinem" Büro bei CAPNI
Pfarrer (Qasha) Gewargis (2.v.r) und Diakone
8. Oktober
Arbeit bei CAPNI
Treffen mit Pfarrer (Qasha) Gewargis, mit dem ich Weihnachten und Ostern feierte. Er bringt alle seine Diakone (3) mit. Die Situation der Christen ist finanziell besorgniserregend, nur noch SOL foundation und CAPNI unterstützen die Christen. „Kirche in Not“ und die evangelikalen Gruppierungen (wie „samaritan’s purs) helfen lieber in AINKAWA (Christlicher Stadtteil von Erbil, der muslimische heisst HAWLER). Dort ist ein breiteres Missionsfeld…
Dafür hat CAPNI einen 9 Millionen Auftrag der Johanniter (für 2019) in Bashiqa und Bartnaya und Qaraqosh erhalten. So wird wenigsten den Christen in der Ninive Ebene geholfen.
9. Oktober
Treffen mit Ahmad Albabwaty, Leiter der Organisation SOSD. Mit ihnen machten wir das letzte Nähmaschinenatelier. Dieses Mal bin ich vorsichtig, da ich von Ali (er hatte für SOSD ein Projekt mitgeleitet, das NCA, der norwegische Kirchenbund, zahlte). Es gab Unregelmässigkeiten, die SOSD belasten, NCA untersucht. Ich hoffe, in der nächsten Woche gibt es Neuigkeiten. Sollte es nicht stimmen, würde ich mit SOSD das Projekt starten. Sollte es sich bewahrheiten, dass SOSD einige Belege fälschten oder doppelt gebrauchten, würde ich Mrs. Khabat kontaktieren von VOP (voice of people and family), die auch gute Erfahrungen mit Nähateliers haben, einfach ein wenig teurer sind.
In jedem Falle plane ich mit einem Dolmetscher eine Aussprache mit Ahmad, da er natürlich meint, ich kam nur wegen neuer Projekte nach Kurdistan und mache aber nichts.
10. Oktober
Kinder- und Jugendgefängnis in Dohuk
Heute war der Morgen für CAPNI reserviert.
Am Nachmittag ging es ins Jugendgefängnis in Dohuk. Die beiden Psychologinnen haben schon viel gemacht und mit unserem Material mit den Jugendlichen gebastelt. Sie wollen eine Verkaufsausstellung machen, um neues Material kaufen zu können.
Ich hatte 16 Kuchenbilder kopiert, um ihre Motivation zu steigern. Dazu echte kleine Süssigkeiten.
Alle bekamen ein Kuchenphoto und sollten überlegen, welche süsse Erinnerung sie haben, die ihnen gerade jetzt Kraft gibt („resilience“).
Die Hälfte war zu scheu, um etwas zu sagen (2 sagten nachher den Psychologinnen, der erste Sex mit der Freundin / Der erste Kuss).
So langsam tauten sie auf: „Töfflifahren vor der Zeit hier“, die liebe Schwester, die jetzt und früher so nahe stand, als Kind zu schwimmen.
Einer meinte, er habe gar nichts Süsses erlebt, er sei wie ein weisses Blatt. Als ich ihn erinnerte, dass er dann ja noch seinen Kuchen in Zukunft selbst darauf malen könne, antwortete er „darauf freue ich mich“.
Die anderen vier meinten: Der Kollege, den sie hier kennenlernten, die Zimmermitbewohner, die ihn trösteten, der Älteste, der einen an der Schlägerei im Gefängnis hinderte (sonst wäre er hart bestraft worden) – schliesslich, dass der Bruder auch mit im Gefängnis sei…
Wir überreichten ihnen dann ein echtes Stückchen Kuchen mit den Worten, das sei das Proviant für saure Tage, was alle zum Schmunzeln brachte.
Faszinierend, wie sich alle mit den beiden Psychologinnen so gut verstehen. Die wollen dasselbe mit den Mädchen auch noch machen.
Und der OFFIZIELLE Gefängnispsychologe, der bisher nur Berichte schrieb, aber nie mit den Jugendlichen redete, war plötzlich mit dabei, schaute neugierig zu und meinte am Schluss, er habe sich nicht vorstellen können, dass „Straffällige“ tatsächlich so offen reden würden… Ja, vielleicht ändert er seine Meinung.
11. Oktober
Computer-Projekt für Frauen
Besuch unseres Projektes in Fayda (Domiz 2) Camp. Lotus flower hat einiges angefangen, so zum Beispiel junge Studentinnen rekrutiert, die nun Artikel drucken können und online Bücher lesen können sowie ihre Seminararbeiten verfassen. Am Abend haben die Männer eine Stunde Zeit. Die Frauen werden in Programme wie excel oder powerpoint eingeführt.
Daneben gibt es Englischkurse für junge Mädchen und pensionierte Frauen.
Die Literaturidee blieb auf der Strecke, da Vian (selbst junge Mutter) in Lotusflower nun drei Camps zu betreuen hat (Isian, Qadya und Domiz 2). Sie will es für den Winter in Angriff nehmen. Sie stellt mich dem Camp manager vor, zum Glück ein neuer, der viel offener ist als der letzte.
Treffen mit dem Militär
Treffen mit dem Chef der kurdischen Generäle und mit dem Hauptgeneral für Sindjar, General Yaya. Zusammen mit Minyar Bonjaq und Qasha Gewargis. Minyar, der nach Europa gehen will, möchte uns den Leuten vorstellen und einen Begegnungsraum anstreben für christliche Anliegen. Wenn die Christen hier bleiben wollen, müssen sie geschützt werden. Wenn die Stimme wichtig bleiben soll für die Christen, muss es Begegnungsräume in regelmässigen Abständen zwischen Christen und der militärischen und politischen Führung geben. Der Chef der Generäle sitzt in der Dohuk Bezirksregierung und organisiert alles mit Qasha Gewargis. Ich bin sozusagen „Berater bei Bedarf“.
16. Oktober
„follow up project for trauma children“
Beginn des neuen Projekts („follow up project for trauma children“) in Sharya. Die Verwandten der Kinder kommen erst ca. 30 Minuten später an, sie sind etwas beschämt, weil ihr Kommen ja bedeutet, dass sie es nicht geschafft haben, sich auf die Fragen der Kinder einzulassen, welche diese nach 3 Monaten Trauma Arbeit hatten.
Immerhin gelingt es Zirak, Leiter von Pnangah, das Eis zu brechen.
Alle sind gut drauf und informieren die Erwachsenen (von manchen kam nur die älteste Schwester, weil beide Eltern noch in Gefangenschaft sind!!) aus ihrer Arbeitssicht (Manager, Spieltherapeutin, Psychologin, Freiwilliger).
Währenddessen wird ein Gang hochgeschaltet bei den Kindern. Sie nehmen sich ein Buch oder Spielzeug und beschäftigen sich 30 Minuten alleine, damit sie auch spüren, dass sie zu Hause nicht nur fordern können und gelernt haben, mit sich selbst und ihren problematischen Momenten umzugehen.
17. Oktober
CAPNI (ich arbeite im Augenblick nur morgens, weil nachmittags Khaima Programm ist…)
Zweiter Tag des follow up Projektes in Sharya.
Es ist erschreckend, dass mindestens 3-4 ältere Schwestern zum Trauma Projekt kommen. Wenn ich die sehe, werde ich hoch traurig, weil sie die einzigen Überlebenden der Familie sind neben dem Kind, das auch zum Traum Projekt kommt. Aber immerhin kommen sie und können hoffentlich Zukunftsproviant tanken…
Die Kinder lernen (wie gestern Spiel alleine für 30 Minuten), sich selbst alleine zu fokussieren im Aneinanderreihen einer „Perlenkette“. Manche halten das keine 5 Minuten aus. Eine gute Übung, denn der Gedanke, dass sie dies kleine Kette für einen lieben Menschen als Geschenk herstellen, hilft ihnen, den hilflosen Traumakreis für einen Moment zu verlassen und sich „nicht alleine“ zu wissen.
Die Frauen machen in einem anderen Raum dasselbe, einfach nur mit 4 Stäben und Wolle für ein Geschenkbild aus Wolle oder einem Deckchen.
Roman, leicht behindert, ist in der Kindergruppe und erhält manchmal Spezialbegleitung. Wenn er betroffen ist und weint, geht das durch Mark und Bein. Alle Achtung, dass sie ihn mit integrieren in das Projekt, nötig hat er es, aber manchmal sind alle überfordert… sein kleiner Bruder kann ihn immer wieder beruhigen.
ZAROK ist froh, Bilder zu haben von der Eröffnung des Projekts und sie bereiten sich schon vor, ihr Programm zu gestalten. Ich werde sie abholen und das Programm realisieren. Weil sie auch Chris und Greg, Vian (Lotus flower) und Zirak (Pnangah) treffen wollen. Vielleicht gibt es dann 2019 ein weiteres Projekt. Auch mit SOSD (Ahmad) wollen sie sich treffen.
Montag, 15 Oktober
Zum Projekt "Übersetzung von traumatherapeutischen Unterlagen ins Kurdische"
Da die Dozenten der Psychologischen Fakultät an der Universität in Zakho auch nicht auf meine zweite Anfrage reagierten, versuche ich, den Dekan des Departments, Dr. Haji, anzuschreiben.
Ebenfalls gelingt es mir, Prof. Kizilhan (Hochschule Villingen-Schwenningen und Trauma Programmverantwortlicher an der UNI Dohuk) anzusprechen auf einen geeigneten Übersetzer. Er schreibt mir, dass er in seinem Umkreis nach geeigneten Leuten suchen werde. Als Vertreter der württembergischen Idee hält er aber daran fest, dass im Traumabereich niemand an Englisch vorbei käme…
Professor Bernhard Neuner, Mitautor von NET, schreibe ich ebenfalls an und frage um Erlaubnis, das Buch übersetzen zu können. Schliesslich gehe ich den Verlag Hogrefe an, um mich über das Genehmigungsprozedere zu informieren.
Pir Mamou, Andreas Goerlich, Prof. Wild und Prof. Hautzinger
18. Oktober
CAPNI
Treffen mit Pir Mamou am Traumainstitut der Universität Dohuk. Gespräche mit Prof. Wild und Hautzinger.
Beide finden die (Übersetzungs-) Idee bestechend, auch wenn sie vehement die Dohuk Variante des Studiums (nur englisch, höchster Standard in drei Jahren) verteidigen
19. Oktober
KAWERGOSK
Gespräche mit Lorka, Minyar (wollen nach Deutschland gehen) und Farman
Die Arbeit des Ahmad Bonjaq human rights center wird weitergehen, Farman wird neue freiwillige Mitarbeitende suchen.
Prof. Kizilhan
20. Oktober
Fellowship mit Chris und Greg
Treffen mit Prof. Kizilhan. Er leitet von Baden-Württembergischer Seite aus das Traumainstitut, zusammen mit Pir Mamou. Allerdings ist Kizilhan auch Kurde, aber wohnt und doziert in Villingen-Schwenningen.
Er hat zwar einige Vorbehalte gegen die NET Variante des Traumaverständnisses findet aber auch, dass sie für Kurdistan passend wäre. Er hätte Beziehungen zu einem kurdischen Assistenten an der Uni Bielefeld, der das Buch übersetzen könnte. Wird zwar etwas teurer, aber letztendlich vielleicht doch nicht, wenn man bedenkt, dass die Korruption und Zeitverschleppung hier in Kurdistan das Buch zur „never ending story“ werden lassen könnte. Zudem muss ein Übersetzer selbst Psychologe sein, um zu verstehen, was er da und wie er es übersetzt.
Er hat in Berlin auch einen Verlag an der Hand, der für 10 Dollar ein Buch drucken könnte. Hier in Kurdistan wären es 15 Dollar.
Er empfiehlt eine Auflage von 1500 – 2000 Büchern. Mit einer Transportfirma 1 kg für 1 Euro könnte man die Bücher günstig hierher bringen. Oder DHL fragen…
Die Unis bezahlen meist wenig bis nichts, auch wenn sie euphorisch sagten „wir übernehmen die Druckkosten“.
Über 12 Dollar sollte so ein Buch nicht kosten, sonst können es die Studierenden nicht kaufen.
Mit dem Verlag wäre auch noch eine online Variante auszuhandeln, die man auf die Khaima Website stellen könnte…
Da sich auch der Dekan der psychologischen Fakultät in Zakho nicht meldet, versuche es über den Rektor der Uni, Prof. Lazgin. Die Uni hat gerade erst angefangen, daher sind wohl alle noch so schläfrig.
Übergabe einer "Schutzplakette" für Andreas Goerlich
Sonntag, 21. Oktober
Schutz durch das Militär
Treffen mit Frau Khabat, Leiterin von VOP. Ich tastete mich vor bezüglich eines Projektes im Jahre 2019 und sie verwies mich auf ihre „Nr. 2“, Diler Atroshi; ihn werde ich am Montag Abend treffen
Fahrt nach Erbil. Besuch beim neuen Koordinator aller Generale, bei General Hassan Nouri im Salaheddin Massif. Er übt diese politische Stabsstelle seit einem halben Jahr aus. Minyar hatte ihn kontaktiert, weil sie den Kontakt zu Christen schätzen würden. Zur gleichen Zeit hörte ich von Pfarrer Gewargis, dass die Christen eher dableiben würden, wenn sie Schutzgarantien hätten. Mehr und mehr wollen unter den Schutz der Peshmerga, obwohl sie im Niniveh – Gebiet liegen, was streng genommen unter Bagdads Herrschaft steht.
Alqosh hat sich erfolgreich auf die Seite der Peshmerga schlagen können, Telkef und Bashiqa planen dasselbe. Weil die beiden Orte aber wirtschaftlich interessant sind (Datteln und Oliven), weigert sich Bagdad. So sind die Christen etwas verängstigt.
Der Empfang in Salaheddin hat nun gezeigt, dass Peshmerga zur Zusammenarbeit und zum Schutz bereit ist, so wie sie damals Qaraqosh und Hamdanya bei Mossul unterstützten gegen ISIS. Meine Teilnahme machte die Sache „wichtiger“ (weil internationaler).
Dabei habe ich um Mitternacht noch heftig diskutiert mit dem höchste gebildeten und interessierten General. Auf meine Frage, was sie für die Jungen täten, um sie in Kurdistan zu halten (Arbeitsanreize…), meinte er „wir schützen sie vor unangenehmen Einflüssen im Internet“ (Zensur)… war nicht so die richtige Antwort für mich…
Dienstag, 23.10.
CAPNI ganztags
Mittwoch, 24.10.
Fahrt nach Erbil, Abholen von ZAROK und Fahrt nach Dohuk
Donnerstag, 25.10.
CAPNI
Treffen mit ZAROK und Lotusflower und mit Chris/Greg wegen gemeinsamer Projekte, die laufen oder vielleicht nächstes Jahr laufen könnten
Freitag, 26.10.
„follow up project“
Besuch unseres Projektes in Sharya („follow up project“) und gemeinsames Fest
Samstag, 27.10.
Rückflug um 3 Uhr morgens…
Falls noch irgendetwas Aussergewöhnliches oder Spannendes dazukommen sollte, werde ich das nachliefern. Aber so wie es aussieht, werden die letzten Tage keine Bäume mehr ausgerissen!
Herzlichen Dank für Ihr Lesen und aufmerksames Interesse dieser letzten 3 Wochen!!!!
DOHUKREISE 23.8. – 1.9. 2018
23.8. Nachmittags Abflug…. Über Istanbul …. Antalya …. nach Erbil
24.8. Fahrt nach Dohuk … etwas schlafen … Gratis Gästezimmer im CAPNI Neubau… Gespräche mit CAPNI Fahrt nach Sharya, Abschlussfest mit den Kindern und ihren Angehörigen des «Children Trauma Project in Sharya» (Nummer 2, Nummer 3 wird von einer amerikanischen Kirchgemeinde übernommen).
Ich habe die Kinderaugen zuletzt im Juni gesehen, als das 2. Projekt begann. Augen können nicht lügen. Es ist ein geniales und nötiges Projekt mit Erfolg. Allerdings die Frage der Nachhaltigkeit tauchte auf: Die Kinder kehren nach Hause mit neuen Ideen, gehen an ihre Trauma-Arbeit, aber damit halten sie der Verwandtschaft den Spiegel vor, die das nicht macht oder machen kann… Da wäre ein «follow up» sehr sinnvoll.
ABENDS: Treffen mit Ali, der sehr froh um die finanzielle Unterstützung ist. Er hat keine Arbeit, weil mit neuen Bagdad Regelungen viele Projekte mit «alten» Bewilligungen (Juni 2018!!!) nicht mehr möglich sind. Reine Schikane. Er arbeitet nachts in einer Abfüllfabrik für Stilles Wasser und verdient 300 Dollar im Monat mit 6 Tagen Nachtschicht von 12 Stunden. Er will auch weiterhin Khaima Stellvertreter bleiben…
25.8. Morgens um 9 -13 Uhr «Fellowship» , Gottesdienst mit der Gruppe, die sonst von Chris and Greg betreut werden (presbyterianische Kirche).
Nachmittags Treffen mit Prshang, eine der Psychologinnen im Jugendgefängnis in Dohuk (ihr Ehemann Bewar ist Jugendarbeiter bei der Stadt Dohuk und betreut die Waisenhäuser). Sie freute sich sehr über den Lohn und das Vertrauen, das wir ins Projekt übers Ende von 2018 hinaus in die beiden haben. Es ist nötige und lohnende Arbeit. Sie hatten in der vergangenen Woche ein Gruppengespräch mit allen Jungs, danach wollten gleich 10 neue ein Einzelgespräch und das Gruppengespräch (die Interaktion) entlarvte den Unruhestifter, der Macht ausübt gegenüber den 13-14jährigen (bisher sagten die nichts aus Angst, jetzt reden sie offen). Die Mädchen sitzen den ganzen Tag tatenlos in der Zelle, die Psychologinnen wollen mit ihnen Handarbeit machen. So biete ich für ein weiteres Treffen die Organisation «RWANGA» auf, die solche Kurse auch in Gefängnissen machen darf (weil sie einem Enkel von Barzani gehört und somit Zugang hat).
26.8. Morgens Vorlesung bei Dr. Mamou über «Trauma ist immer politisch und kulturell», eine hoch spannende Angelegenheit für mich, auch weil ich neue Psychologen / innne beobachten konnte und den enormen Einfühlungsgrad dankbar zur Kenntnis nahm… es gibt Hoffnung für Kurdistan!
Mittags: Mittagessen mit Sondis und Prshag, Auswertung ihrer Erfahrungen und Arbeit. Das tönt sehr hoffnungsvoll, auch wenn sie manchmal an Grenzen stossen. Zum Beispiel sassen sie bei einer 2-gender-Frau in der Zelle, die Einzelhaft hat, weil sie bei einer Waffenübung die Waffe verlor, aus der sich ein Schuss löste, der einen Mann tötete.
Sie hat ein Trauma und kann sich nicht verzeihen, zu dieser Übung gegangen zu sein. Der Richter ordnete Einzelhaft an, weil er mit «transgender» nicht vertraut war und die anderen «schützen will». Was er dabei völlig vergass, dass traumatisierte Menschen in Einsamkeit und ohne Gesprächsmöglichkeit verstärkt Suizidgedanken entwickeln. Als ich den Direktor des Gefängnisses drei Tage später fragte, ob keine Änderung möglich sei, meinte er nur «wir haben eine Kamera in der Zelle, sie wird sich schon nichts antun»… soweit zur Trauma Arbeit im öffentlichen Sektor!
Abends: Treffen mit SOSD. Sie haben aufgrund der neuen Bagdad Bestimmungen viele Projekte stoppen müssen und darben und leiden… aber ich wollte nicht «auf die Schnelle» irgendein «new steps project» mit ihnen auf die Beine stellen. Wir werden das nächste Mal enger und tiefer diskutieren. Es ist tragisch…
27.8. Reise nach Shekhan. Von dort holt mich die Gefreite Kucher ab, um mich zum Bergquartier der Peshmerga oberhalb von Bashiqa zu bringen. Dort warten General Luqman und General Bahram Doski auf mich und nehmen sich 4 Stunden Zeit, um über die politische Situation zu sprechen, über die Situation der syrischen (Flüchtlings-)Peshmerga und die Zukunft von Kurdistan. Offenbar schiebt im Stillen Präsident Trump viel Geld hin und her, um Interessen zu vertreidigen und ein «Peshmerga Ministerium» zu schaffen und die Flüchtlings-Peshmerga mehr zu integrieren. Gebietserweiterungen Richtung Kirkuk werden angesprochen, aber dieses mal vorsichtiger (keine Menschenleben riskieren). Die beiden (oder drei) Kontaktpersonen gilt es zu pflegen, weil sie mir wiederkehrend Zugang zu Camps und Aktionsplätzen ermöglichen, manchmal sogar mit Armeefahrzeugen, weil wir syrisch kurdischen Peshmerga helfen (die von der kurdischen Regierung kaum unterstützt werden).
28.8. Morgens: Gespräch mit Abuna Emanuel Yokhana, der offen gesteht, dass er meine Präsenz und Mitarbeit vermisst (wohl hauptsächlich, weil sonst keiner auf Deutsch übersetzen kann). Ein Müsterchen konnte ich dann am Ende des Aufenthalts, 10 Minuten vor meiner Abreise nach Kawergosk erleben, als die «Malteser» ein Projekt umändern wollten und dies bis am Abend geschehen musste, sie aber die Antwort in Deutsch brauchten. So kam ich letztlich eine Stunde später als geplant los von Dohuk…
Mittags: Treffen mit Vian, die so froh ist, endlich in Domiz II (ehemals Fayda) starten zu können. Der Ort, der Bekanntheitsgrad des Ortes für die Flüchtlinge (weil es ehemals IOM war) ist gewaltig und wichtig. Chris und Greg machen mit, wenn sie zurückkommen. Vian ist sehr aktiv und macht auch ein Backprojekt mit jesidischen Frauen, die ein Kind von IS Soldaten haben. Aber für den Augenblick winkte ich ab, es überzeugt nicht. Sie haben z.B. ganz wenig für die Psychologin eingesetzt (finanziell), was soviel heisst, als ob sie selbst kein Vertrauen ins Projekt haben.
Abends: Treffen mit Zirak in Sharya, um über neue Ideen und Möglichkeiten zu sprechen. Die Idee für das «follow up project» findet er sehr wichtig und kann bestätigen, dass manche Kinder als Freiwillige mithelfen, andere kommen und hängen herum, weil sie sich zu Hause nicht verstanden fühlen.
Er will bis 10.9. einen Budgetvorschlag machen.
29.8. Um 5 Uhr starten Bewar und ich und holen die Kinder ab, die wir nach Erbil an die deutsche Botschaft bringen, um ein Visum zu erwirken. Wir warten 5 Stunden mit den Kindern, bis wir eine Chance haben. Nun ist es in Bearbeitung und es sieht aus, als ob IOM massiv überfordert ist mit all der Arbeit (denn sie fragten Khaima über CAPNI an). Deutschland ist im Augenblick so massiv ablehnend, dass es noch nicht sicher ist, ob sie ausreisen dürfen…
30.8. Früh fahren wir mit den Kindern von Sharya nach Laleesh zum Abschluss des Projects. Kinder werden zum Teil getauft, gesegnet, sind ausgelassen, fühlen neue Kräfte in dem Heiligtum, in dem 90% noch gar nie waren.
Leider musste ich mittendrin nach Dohuk fahren, weil der Direktor des Jugendgefängnisses in Dohuk nur dann Zeit hatte. Und ich wollte ihm unbedingt den RWANGA Beauftragten vorstellen, der vielleicht mit Jungs und Mädchen Handyreparaturprojekte und Ähnliches machen könnte.
Er lässt uns zu den Jungs (die Psychologinnen gehen zu den Mädchen) und wir machen eine Auswertung: 100% sind so dankbar, offen und unter 4 Augen reden zu können und Mut zu fassen. 80% sagen «they made us change our mind» (meint Schuldeinsicht, die durch die Psychologinnen angesprochen wurde).
Abends: treffen mit Dr. Mamou zu Hause (im Garten). Es braucht viel mehr Psychologen/innen, eine Übersetzung des Buches (NET «narrative exposure therapy») von Maggie Schauer ins Kurdische – sie wäre einverstanden – und wir könnten mit der Universität in Zakho immer noch das PM+ (problem managemant) der WHO in Kurdistan einführen.
31.8. Nach Deutschübersetzungen für CAPNI kann ich nach Kawergosk reisen, um mit «Ahmad Bonjaq human rights organization» (meine erste und treueste und starke Organisation in Kurdistan) ausgiebig sprechen zu können und Ideen auszutauschen. Danach Fahrt zum Fluhghafen und Abflug…